Veröffentlicht am Freitag, 7. Juli 2017 um 13:41 Von Max Lemmer
Ab dem 1. Januar kommenden Jahres gelten zwei Modelle zur Besteuerung von Doppelverdiener-Haushalten. Gebietsansässige Ehepaare werden automatisch in die Steuerklasse 2 eingestuft, es sei denn, sie bestehen darauf, individuell besteuert zu werden. Doppelverdiener-Ehepaare, die im Ausland leben, müssen hingegen einen Antrag stellen und sämtliche Angaben in Bezug auf ihr Einkommen einreichen.
Um ebenfalls in den Genuss der Steuerklasse 2 zu kommen, muss das gemeinsame Einkommen mindestens zu 90 Prozent in Luxemburg erwirtschaftet werden, andernfalls wird die Steuerklasse 1 angewendet. Besonders für Rentner, die mehrere Bezüge aus verschiedenen Ländern beziehen, bedeutet diese Regelung finanzielle Einbußen.
Regierung führt neues Kriterium ein
Seit längerem beklagen sich die Gewerkschaften über diese "Ungerechtigkeit". Der LCGB fordert eine hundertprozentige Gleichbehandlung. Nach drei Treffen zwischen OGBL, LCGB und Finanzminister Pierre Gramegna, will die Regierung nun die Steuerreform punktuell anpassen. Dabei wird den Ansprüchen der Gewerkschaften nur zum Teil Rechnung getragen.
An der 90-Prozent-Regel hält Finanzminister Gramegna weiterhin fest. Um den Grenzgängern dennoch teilweise entgegenzukommen, will die Regierung ein zusätzliches Kriterium einführen. Ehepaare, die die 90-Prozent-Regel nicht erfüllen, sollen künftig der Steuerklasse 2 angehören, unter der Voraussetzung, dass das im Ausland erwirtschaftete Einkommen einen festgelegten Betrag nicht überschreitet.
Fortgeschrittene Verhandlungen
"Luxemburger Wort"-Informationen zufolge, soll dabei der Mindestbetrag der Steuertabelle angewendet werden. Im Klartext heißt das, dass nicht gebietsansässige Ehepaare, die weniger als 90 Prozent ihres Einkommens in Luxemburg beziehen, trotzdem das Recht auf die Steuerklasse 2 zusteht, wenn das ausländische Erwerbseinkommen nicht mehr als 11.265 Euro beträgt. Dabei handelt es sich mehr oder weniger um einen Bruttobetrag.
Die Verhandlungen mit den Gewerkschaften zur Anpassung der Steuerreform seien weitgehend abgeschlossen, sagte Gramegna am Donnerstagabend in Belval am Rande einer Konferenz über die Steuerpolitik in Bezug auf Privatpersonen. Nach Einschätzung des Finanzministers sollen noch im Juli konkrete Ergebnisse vorliegen. Das entsprechende Gesetz soll noch vor Jahresende abgeändert werden.
Gewerkschaften reagieren unterschiedlich
Fraglich bleibt, ob die Gewerkschaften den Kompromiss schlucken werden. Am Donnerstag betonte der beigeordnete LCGB-Generalsekretär Christophe Knebeler anlässlich einer Pressekonferenz, dass seine Gewerkschaft eine "Diskriminierung" der verheirateten Grenzgänger bei der Besteuerung nicht weiter hinnehmen werde. Gefordert wird, dass sämtliche Ehepaare, die in Luxemburg ein Einkommen beziehen, in die Steuerklasse 2 eingestuft werden, ohne im Vorfeld Bedingungen erfüllen zu müssen.
Beim OGBL stoßen die jüngsten Vorschläge von Finanzminister Pierre Gramegna auf wesentlich mehr Zustimmung. "Auch wenn die Lösung, die nun vorliegt, uns nicht ganz zufriedenstellt, können wir damit leben", sagte OGBL-Gewerkschaftssekretär Jean-Claude Bernardini gegenüber dieser Zeitung. Derzeit warte man noch auf die endgültige Entscheidung der Regierung. Zudem müssen die OGBL-Gremien den Kompromiss noch absegnen.
Die Abschaffung der 90-Prozent-Regel wäre schwer zu bewerkstelligen gewesen, da die bilateralen Steuerabkommen mit den Nachbarländern hätten abgeändert werden müssen, so Bernardini. Im Gegensatz zu Pierre Gramegna schließt man beim OGBL jedoch nicht aus, dass einige Grenzgänger die sich anbahnende Regelung anfechten werden.
Änderungen bei der Individualbesteuerung
Zum 1. Januar wird die Individualisierung der Steuer für Verheiratete eingeführt. Damit für niemanden finanzielle Einbußen entstehen, wird sie optional. Sowohl die Einwohner Luxemburgs als auch die Grenzgänger können diese Möglichkeit nutzen. Ehepaare, die individualisiert besteuert werden möchten, müssen vor Beginn des Steuerjahres eine Anfrage einreichen. Die Regierung zieht jedoch in Erwägung, dass die Individualisierung in Zukunft auch rückwirkend angefragt werden kann. Zumindest in diesem Punkt liegen Minister Gramegna und die Gewerkschaften auf der gleichen Wellenlänge.