Mit der Videobotschaft von Herrn Kentenich (Leiter FA Trier), die heute hier eingestellt wurde (bei der Gelegenheit: Danke an die Forums-Betreiber!) hat die Posse auf Kosten der Grenzgänger ein paar neue Höhepunkte erreicht.
Falls es sich nicht um einen (leider nicht als solchen gekennzeichneten) Beitrag zur närrischen Jahreszeit handelt, so ist aus Sicht des FA Trier den bisher schon bekannten Streitpunkten zwischen Deutschland und Luxemburg nun auch noch Folgendes hinzuzufügen:
1. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vom Luxemburger Arbeitgeber unterliegt der (anteiligen) Steuerpflicht in Deutschland. Wenn der Grenzgänger also im Monat einer Krankheit auch eine sonstige Aktion veranstaltet hat, die ihn (anteilig) nach Deutschland zur Lohnsteuer führt, dann ist er auch für die Krankheitstage (anteilig) in Deutschland lohnsteuerpflichtig. Eventuell ist der relevante Zeitraum aber auch das Kalenderjahr, nicht der Monat. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, was Herr Kentenich da nun genau gemeint hat. Falls das Gesamtjahr entscheidet, dann würde z.B. eine Dienstreise am 9. Dezember zur (nachträglichen) Lohnsteuerpflicht für einen Krankheitstag im Mai führen. Nur als Hinweis für die Steuerfahnder: die zu späte Abführung der Lohnsteuer ist strafrechtlich nochmal was? Das riecht nach einer neuen, lukrativen Spielwiese! :swingin: Wenn man aber nachweislich den ganzen Monat oder das ganze Jahr über ein 100%-Luxemburg-Tätiger war, dann sind wohl auch in Deutschland verbrachte Krankheitstage nicht in Deutschland lohnsteuerpflichtig. Warum auch immer und zumindest derzeit. Beim nächsten Überlegen wird sicherlich auch im Kranksein und Daheim-im-Bett-Liegen für das FA Trier eine besondere Form von "entlohnter Tätigkeit" zu sehen sein.
Die Grenzgänger werden jedenfalls m.E. für die letzten Jahre und die Zukunft den Beleg zu erbringen haben, dass sie niemals (auch nicht stundenweise, z.B. durch erlaubten Zahnarztbesuch während der regulären Dienstzeit bei einem Zahnarzt in D) außerhalb Luxemburgs tätig bzw. irgendwann nachher noch krank gewesen sind und trotzdem (Monats-)Lohn erhalten haben. Dass hier der Grenzgänger in der Beweispflicht ist, ergibt sich für das FA Trier ja immer aus der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten (§ 90, Abs. 2 AO).
2. Die Aufteilung (und damit Dokumentation) hat nicht tage-, sondern stundengenau zu erfolgen (in Minute 3:06 sagt Herr Kentenich, dass die Besonderheit bei den Berufskraftfahrern darin besteht, dass sie nicht stundenweise aufteilen müssen. Im Umkehrschluss heißt das: alle anderen Grenzgänger müssen es.
3. Das FA Trier geht bis 2005 zurück, wenn man überhaupt eine Steuererklärung in D eingereicht hat, ansonsten offenbar bis mindestens 2003. Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung geht es natürlich noch weiter zurück. Die Auffassung Luxemburgs, dass rechtskräftig veranlagte Steuerzeiträume "zu bleiben", teilt das FA Trier nicht. Man muss also in D Steuern nachzahlen, bekommt aber für die früheren Jahre aus LUX keine Steuern zurück. Das riecht nach sehr, sehr vielen Verständigungsverfahren in der Zukunft... :confused:
4. Wer in Deutschland Bereitschaftsdienst hat, der ist bis zum Augenblick, wo er die Grenzbrücke nach LUX überquert (bitte dokumentieren!) voll in D lohnsteuerpflichtig, wenn er die Bereitschaft nicht in Luxemburg verbringt. Auch hier wird es höchst interessant sein, die notwendige Dokumentation durch die Grenzgänger zu verfolgen. Der Grenzgänger hat nämlich zukünftig stundengenaue Aufzeichnungen darüber zu führen, wo er sich physisch während seiner Bereitsschaftszeit aufgehalten hat. Da sage noch einer, die Freizügigkeit für Arbeitnehmer in Europa sei ein EU-Bürgerrecht!:crazy:
Ich bin nur ein einfacher Grenzgänger, aber das ist für mich alles so praxisfern, dass man eigentlich lauthals drüber lachen müsste. In welchem Paralleluniversum leben die Steuerbeamten eigentlich?
Nichtensegen