Wie das Geld in der Großregion stetig an Wert verliert
Veröffentlicht
von
Yves Greis
am 26/08/2024 um 17:08
Stehen Sie auch manchmal vor dem Supermarktregal, halten ein Produkt in der Hand und denken daran, wie wenig es vor ein paar Jahren noch gekostet hat? So ergeht es vielen Menschen. Egal ob Nahrungsmittel, Wohnen, Kleidung oder der Kinobesuch. Alles wird stetig teurer – mit dem gleichen Geld können wir immer weniger kaufen. Dieses ständige ansteigen des Preisniveaus ist gemeint, wenn wir von Inflation sprechen.
Ökonomen schauen bei diesem Phänomen sehr genau hin und die Zahlen die von den statistischen Ämtern wie Statec in Luxemburg oder dem Statistischen Bundesamt in Deutschland gesammelt werden, erlauben einen Vergleich zwischen den Ländern der Großregion zu ziehen.
Die Zahlen zeigen, dass die Länder der Großregion (🇧🇪Belgien, 🇩🇪Deutschland, 🇫🇷Frankreich und 🇱🇺Luxemburg) und die EU einem gemeinsamen Trend folgen. Jahrelang lag die Inflation bei rund 2 %. Und das ist kein Zufall, denn eine Inflation von um die 2 % ist das erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank. Steigt die Inflation entscheidet die Zentralbank (EZB) den Leitzins zu erhöhen (eigentlich dreht die EZB sogar an drei verschiedenen Zinssätzen). Kredite werden teurer und Sparen wird begünstigt. Damit sollen Verbraucher und Unternehmen animiert werden, sich zurückzuhalten und weniger Geld auszugeben und weniger zu investieren.
So soll sichergestellt werden, dass die Inflation immer schön niedrig bleibt, die Wirtschaft aber nicht droht in eine Deflation (negative Inflation) abzurutschen. Die Folgen hiervon halten Wirtschaftswissenschaftler für schlimmer als die Folgen einer (niedrigen) Inflation. (Wenn eine Firma z.B. einen Kredit aufgenommen hat, die Preise ihrer Waren aber stetig fallen, kann sie irgendwann die Schulden nicht mehr begleichen).
Ab 2021 fingen die Preise in der EU an, kräftiger zu steigen. Als Grund hierfür nennen Analysten vor allem die steigenden Energiepreise. Strom und Öl wurden teurer. Die Verbraucher in der ganzen EU mussten tiefer in die Tasche greifen. Dieser Trend verstärkte sich noch einmal durch die Invasion Russlands in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen gegen Russland – und dem Lieferstop von russischem Öl in die EU. Zwischen Russland und der EU fließt seitdem kein Öl mehr auf direktem Wege.
Die EZB hat seitdem den Leitzins rund 10-mal schrittweise auf schließlich 4,5 % erhöht. Erst am 6. Juni 2024 senkte sie ihn wieder um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 %. Verbraucher, die zum Beispiel ihr Haus mit einem variablen verzinsten Darlehen finanziert haben, blicken unterdessen sehnsüchtig darauf, dass die Zinssätze weiter sinken. Die hohen Zinssätze hatten in Luxemburg für ordentlich Probleme auf dem Immobilienmarkt gesorgt. Dabei sind die Immobilienpreise in Luxemburg bekanntermaßen ohnehin schon sehr hoch.
Auffällig ist, dass das Preisniveau in Belgien zuletzt stark angestiegen war – entgegen dem Trend in den restlichen Ländern der Großregion, in denen das Preisniveau sich wieder einigermaßen eingependelt hatte. Dazu beigetragen hat auch der Wegfall der Energieprämie, die die belgische Regierung für die Bürger beschlossen hatte, im März.
Diskussion wird auch immer wieder die Verbindung zwischen der Inflation und dem Lohnindex in Luxemburg. Übersteigt die Inflation eine gewisse Grenze, dann erhalten Arbeitnehmer in Luxemburg (unabhängig von ihrem Lohn) eine nominale Lohnerhöhung, um den Wertverlust auszugleichen. Kritiker dieses Systems behaupten, dass es dadurch zu einem "Zweitrunden-Effekt" kommt und dass der Index dafür sorgt, dass die Preise noch mehr steigen. Aus den Zahlenreihen lässt sich jedoch kein großer Unterschied zur Inflation in Deutschland und Frankreich erkennen, wo es ein solches System nicht flächendekend gibt.
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