In einem Verhandlungs-Marathon bis tief in die Nacht beschlossen die Arbeitsminister der 27 EU-Staaten am frühen Dienstagmorgen im siebten Anlauf die bis zuletzt umstrittenen Richtlinien zur Arbeitszeit und Zeitarbeit. Zeitarbeiter sollen weitgehend mit Festangestellten rechtlich gleichgestellt werden, während die durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden festgelegt wurde, dennoch aber Ausnahmen bis zu 65 Stunden möglich sind.

“Dies ist ein wichtiger Tag für die europäischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer”, sagte die Ratsvorsitzende und slowenische Ressortchefin Marjeta Cotman in Luxemburg, nachdem der Beschluss mit qualifizierter Mehrheit zustande gekommen war. “Der Kompromiss gewährleistet Schutz und Sicherheit für die Arbeitnehmer, aber auch Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung”, sagte Cotman weiter. EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla verspricht sich von der Einigung “neuen Schwung für das soziale Europa”. Jetzt liege “der Ball im Feld des europäischen Parlaments”, das die Richtlinien noch formal beschließen muss, sagte Spidla.

Eine Minderheit um Spanien und kleinere Ländern übte heftige Kritik an der Arbeitszeitrichtlinie, die sie gern restriktiver zum Schutz der Arbeitnehmer gehabt hätte. “Das ist ein Rückschritt bei den sozialen Richtlinie”, sagte Spaniens Minister Celestino Corbacho.

Zeitarbeiter bekommen nach der EU-Richtlinie künftig in einem Betrieb vom ersten Arbeitstag an die gleichen Rechte wie dessen feste Beschäftigte. Über Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern sind Ausnahmen möglich.

Die durchschnittliche maximale Wochenarbeitszeit liegt nach der Einigung wie bisher grundsätzlich bei 48 Stunden. Über Ausnahmen sind aber bis zu 60 Stunden möglich, auch 65, wenn Bereitschaftsdienst als volle Arbeitszeit gewertet wird, wie es laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum bestehenden Arbeitsrecht gelten müsste. Mittels Tarifvereinbarungen kann diese Höchstgrenze sogar noch weiter überschritten werden.

Der Umgang mit Bereitschaftsdienst spielt in der neuen Richtlinie zur Arbeitszeit eine wichtige Rolle. Dem Urteil des EuGH trägt sie Rechnung, indem sie zwischen “aktivem” und “inaktivem” Bereitschaftsdienst unterscheidet. Als “inaktiv” gilt beispielsweise ein Bereitschaftsarzt, wenn er im Krankenhaus schläft.

Über die neue Arbeitszeit-Richtlinie wurde seit 2002 gestritten. Die jetzt gefundene Einigung muss noch vom Europäischen Parlament gebilligt werden. Spanien, Belgien, Zypern, Griechenland und Ungarn haben bereits angekündigt, noch Änderungswünsche durchsetzen zu wollen, da sie den aktuellen Kompromiss nicht voll unterstützen.