Die Branche der Hotels, Restaurants und Kaffees (HoReCa) hat es derzeit nicht leicht. Erst kam die Covid-Pandemie und als die überstanden war, stiegen die Energiekosten. Zu allem Überfluss fehlt es auch noch an Personal. Zahlen der Statistikbehörde zeigen jetzt auch, dass die Zahl der Beherbergungsbetriebe schrumpft. Steve Martellini, seit März Generalsekretär des Branchenverbandes HORESCA verzagt allerdings nicht. Immerhin kommen die Gäste zurück und bald machen wieder neue Hotels in Luxemburg auf. Und für die Schrumpfung gibt es eine Erklärung…

Laut STATEC ist die Zahl der Beherbergungsbetriebe in den letzten fünf Jahren von 361 auf 338 gefallen. Was steckt dahinter?

Steve Martellini: “In den letzten Jahren haben einige Familienhotels zugemacht, weil die Betreiber das Rentenalter erreicht haben und sie keinen Nachfolger gefunden haben, der den Betrieb übernehmen wollte. Einige Betriebe gibt es auch durch Corona nicht mehr. Der Rückgang ist aber relativ gering, wenn man bedenkt, dass es um ganz Luxemburg geht. Die Zahl der Übernachtungen ist gestiegen.”

Sie haben Covid angesprochen. Hat der HoReCa-Sektor sich davon erholen können?

"Nein, nicht wirklich. Ein Teil der Hilfsgelder, die in den sechs Monaten, in denen alles geschlossen war, ausbezahlt wurden, muss jetzt zurückbezahlt werden. Während dieser Zeit wurde das Personal in Kurzarbeit geschickt und vom Staat übernommen. Die Betriebe mussten aber weiterhin die Sozialleistungen bezahlen. Darauf folgte die Energiekrise, die immer noch spürbar ist. Die Energiepreise sind explodiert. Es gab keine große Möglichkeit, sich zu erholen."

Zuletzt wurde davon gesprochen, dass der HoReCa-Sektor kein Personal findet. Ist dem noch so?

"Das Phänomen ist momentan in allen Bereichen zu spüren. Wir sind nicht mehr die Einzigen, die kein Personal finden. Europaweit finden Betriebe keine qualifizierten Mitarbeiter mehr."

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Woran liegt das?

"Das ist eine gute Frage. An den Arbeitsbedingungen wohl eher nicht. Denn auch der Staat hat Probleme, um Personal zu finden. Eine genaue Analyse der Situation ist schwierig. Es gibt dafür wohl mehrere Gründe. Wir stellen uns die Frage, wo all die Menschen hin sind, die vorher in der Branche gearbeitet haben und jetzt nicht mehr da sind. In Deutschland fehlen in der HoReCa-Branche 600.000 Mitarbeiter."

"Dazu muss man allerdings auch sagen, dass die Nachfrage der Arbeitgeber leicht zurückgegangen ist. Das hat damit zu tun, dass viele Betriebe (weil sie kein Personal finden) an zwei oder drei Tagen in der Woche schließen. So können sie den Betrieb weiterführen und die vorhandenen Mitarbeiter können an zwei Tagen in der Woche freihaben. Und es spart natürlich auch Kosten. Wir haben einen Weg eingeschlagen, auf dem man am Ende mehr übrig hat, wenn man weniger arbeitet. Das ist eine ungesunde Situation. Es ist schwer, das zu vermitteln. Aber die Kosten steigen proportional schneller als der Umsatz."

"Einige Betriebe haben auch umstrukturiert, weil sie kein Personal finden – es kann bis zu neun Monate dauern, um einen Koch zu finden. Einige mittelständische und große Unternehmen arbeiten schon vier Tage in der Woche à zehn Stunden. Dieses neue Geschäftsmodell trifft man heute an."

Welche Kosten belasten die Betriebe am meisten?

"Das betrifft das Heizen, die Elektrizität und das Wasser. Die Elektrizitätspreise sollen im nächsten Jahr um 30% steigen. Das sind natürlich Kosten, die hinzukommen werden. Das betrifft natürlich auch Privatpersonen. In den Betrieben handelt es sich bloß um ganz andere Mengen. Besonders Hotels haben damit zu kämpfen und haben kaum Einfluss auf ihren Verbrauch. Ein Hotel, das Wellness anbietet, kann nicht einfach sagen, dass es den Wellnessbereich schließt. Dann würden sie Kunden verlieren. Sie haben auch keinen Einfluss darauf, wie oft die Gäste duschen oder wie hoch sie die Heizung stellen. Der Kunde, der für sein Hotelzimmer bezahlt, will davon natürlich auch Gebrauch machen, so wie er es für richtig hält."

Schlägt das sich in den Preisen nieder?

"Ja, die Preise wurden angepasst. Im Gastronomiebereich liegen die Margen bei 3% bis 5%. Im Hotelgewerbe sind sie bei 7% bis 9%. Wir hatten einen Punkt  erreicht, an dem eine Anpassung erforderlich war. Deshalb sind die Preise gestiegen. Das ist nicht zu verheimlichen. Wir können allerdings bei Weitem nicht so stark anpassen, wie wir eigentlich müssten, ansonsten hätten wir keine Kunden mehr."

Während der Covid-Pandemie haben die Menschen in Luxemburg und Grenzgänger Gutscheine erhalten um Urlaub im Großherzogtum zu machen. Hat sich am Reiseverhalten der Menschen etwas verändert?

"Diese Gutscheine waren eine gute Sache und viele Luxemburger haben davon Gebrauch gemacht. Wir haben dadurch Luxemburg selbst besser kennengelernt. Die Hotels hatten viele Luxemburger Gäste. Das hat allerdings wieder nachgelassen. Luxemburger reisen nach wie vor gerne ins Ausland.  Es fällt aber auf, dass aufgrund der hohen Preise fürs Fliegen viele Touristen aus den Nachbarregionen kommen – aus Belgien, Frankreich und Deutschland."

"Dazu muss man sagen, dass das Wetter in diesem Jahr die HoReCa-Branche stark belastet. Viele Menschen schlagen den Weg ins Ausland ein, auf der Suche nach gutem Wetter."

Auch in Luxemburg gewinnen neue Geschäftsmodelle wie AirBNB und Lieferdienste an Boden. Wie sehen sie diese Entwicklung?

"Man muss zwischen beidem unterscheiden. Diese Lieferdienste werden sicherlich immer mehr in Anspruch genommen. Die Kunden suchen Komfort und wollen zu Hause beliefert werden. Darin sehe ich kein Problem. Diese Dienste arbeiten ja auch mit lokalen Restaurants zusammen, bei denen sie die Waren abholen, um sie auszuliefern.

AirBNB wurde im letzten Jahr durch ein Gesetz geregelt. Das hat zu mehr Fairness geführt. Vorher handelte es sich für uns um unlauteren Wettbewerb. Zum Beispiel mussten  die Betreiber sich vorher nicht an die gleichen Sicherheitsregeln halten wie Hotels. Das Modell ist nicht mehr wegzudenken und wir müssen damit leben. Einige Hotels verkaufen ihre Hotelzimmer über AirBNB. Andere Plattformen werden ja schon länger benutzt."

Zwischen Energiepreisen und Personalmangel: Gibt es auch Positives zu berichten?

"Ja, die Gäste sind wieder da. Die Menschen gehen wieder ins Restaurant und ins Hotel. Das ist spürbar. In diesem Jahr haben wir 5 bis 6% mehr Touristen als im letzten Jahr. Das ist ein gutes Zeichen. Demnächst machen auch mehrere neue Hotels in Luxemburg auf. Das sorgt für neuen Wind. Daran sieht man, dass Luxemburg immer noch ganz attraktiv ist."

 

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