Als angekündigt wurde, dass Papst Franziskus Luxemburg besuchen wird, wollte die Allianz der Humanisten, Atheisten und Agnostiker in Luxemburg (AHA) sich zuerst nicht dazu äußern. Der Verein wollte dem hohen Besuch nicht mehr Aufmerksamkeit geben. Als allerdings klar wurde, dass die Presse ausgiebig darüber berichten wird, korrigierte er seine Meinung und veröffentlichte eine Pressemitteilung zusammen mit Liberté de Conscience, in der sie den Besuch zumindest mit Argwohn sahen und die Motive des Papstes hinterfragten, der offiziell nur als Staatschef des Vatikans in Luxemburg war. Schlussendlich zog der Papstbesuch zwar Schaulustige an, aber bei weitem nicht die Massen, die man im Vorfeld vermutet hatte.

“Diese Erzählung, dass Luxemburg ein katholisches Land ist, bröckelte schon bevor unser Verein sich 2010 gegründet hat”, sagt AHA-Präsident Bob Reuter. “Nach und nach wurde die Gesellschaft immer säkularer.” Längst hatten die Luxemburger damit aufgehört, täglich zu beten und jede Woche in die Messe zu gehen. “Viele Katholiken tauchen nur noch zweimal jährlich auf, wenn ein besonders Fest ist, wie Ostern oder Weihnachten”, so Reuter weiter.

Dieser Trend sei teilweise versteckt gewesen, weil die CSV über Jahre hinweg in der Regierung war und nach außen hin den Schein vermittelt habe, dass Luxemburg auch politisch ein christliches Land ist, glaubt Bob Reuter. Auch die größte Luxemburger Tageszeitung – das Luxemburger Wortgehörte lange Zeit der Kirche. Umfragen zeigen heute, dass über 50 % der Menschen in Luxemburg sich als nicht religiös definieren. Von diesen 50 % bezeichnen sich aber einige als Katholiken. “Es geht also oft mehr um eine kulturelle Zugehörigkeit“, erläutert der AHA-Präsident.

Trennung vollzogen

Luxemburg hat offiziell die Trennung zwischen Kirche und Staat vollzogen (etwa 2015 bis 2018). “Wenn man sich die Rede von Luc Frieden beim Papstbesuch anhört, kann man zum Schluss kommen, dass diese Trennung auch in der CSV (die immerhin das C im Namen trägt) angekommen ist”, zeigt sich Reuter positiv. “Ich fand es bemerkenswert, dass er gesagt hat, Luxemburg sei ein laizistischer Staat. Auf der anderen Seite hat er auch gesagt, dass die Kirche noch immer eine moralische Instanz sei.” Dabei stellt Reuter die Frage, ob die katholische Kirche mit allen ihren Skandalen tatsächlich so ein gutes Vorbild ist, an dem sich die Menschen orientieren sollten und auch faktisch orientieren sich wohl viele Menschen an anderen, Werten, der Aufklärung und des Humanismus.

Politische Antworten auf alle Fragen des Lebens ohne die Religion zu finden sei nicht immer einfach, gibt Reuter zu, aber: “Das politische Ringen um Antworten ist eine Arbeit, die gemacht werden muss. Die kann niemand einem abnehmen”. Propheten, die vorgeben, alle Antworten zu kennen, würden die Menschen nur blenden. In Luxemburg würde die Politik heute von demokratischen Prozessen bestimmt und nicht von religiöser Doktrin. “Ein christlicher Premier holt sich seine politische Ausrichtung ja auch nicht vom Bischof.”

Luxemburg ist ein Immigrationsland und viele Einwanderer bringen natürlich ihre Religion mit ins Großherzogtum – seien es Moslems, Buddhisten oder andere. “Es wird viel über den Islam geredet. In Deutschland wird manchmal von einer Überschwemmung gesprochen. Das stimmt aber hierzulande nicht, da sich weniger als 5 % selbst als Muslime bezeichnen”, weiß Reuter. “Man kann also nicht sagen, dass das viele sind.”

Reuter sorgt sich dagegen mehr um eine Reihe evangelikaler Kirchen in Luxemburg, die besonders die portugiesische Gemeinschaft ansprechen. Oft würden diese Kulte Menschen ansprechen, die sich in der Luxemburger Gesellschaft isoliert fühlen und besonders verletzlich sind – und dies mittels Wurfsendungen auf Französisch und Portugiesisch. “Ich bin aber skeptisch, dass es wirklich darum geht, den Menschen zu helfen”, so Bob Reuter.

Die Luxemburger Presse hatte darüber berichtet, dass viele Menschen in Luxemburg den Papstbesuch zum Anlass genommen haben, aus der Kirche auszutreten. AHA kann dies bestätigen: Wenn es im Durchschnitt 3 Austritte pro 10 Tagen gibt, waren es um den Papstbesuch 31 von denen AHA weiß – das 10-fache. In Luxemburg gibt es dafür kein amtliches Verfahren, wie zum Beispiel in Deutschland. Vielmehr müssen die Ungläubigen ein Einschreiben an die Kirche senden, um ihren Austritt mitzuteilen. Der Verein stellt Vordrucke dafür bereit und bittet die Menschen, den Verein zu informieren.

“Es ist allerdings schwer zu sagen, wie viele Mitglieder die katholische Kirche in Luxemburg überhaupt noch hat.” Eine offizielle Liste gibt es angeblich nicht. “Dadurch, dass Menschen austreten und es uns mitteilen, machen sie nach außen hin sichtbar, dass der Rückhalt für die Kirche in der Gesellschaft abnimmt”, so der AHA-Präsident.

Am Wochenende war Allerheiligen und in einigen Wochen steht Weihnachten an. Wichtige religiöse Feste für Christen. Wie gehen Atheisten und Agnostiker damit um? Gerade als nicht gläubige Person sei Allerheiligen eine gute Gelegenheit, sich an die eigene Vergänglichkeit zu erinnern. Ganz besonders, wenn man nicht an ein Leben nach dem Tod glaubt. “Und wenn wir ehrlich sind, ist Weihnachten für die meisten Menschen schon lange kein religiöses Fest mehr. Man trifft sich, isst zusammen und redet.” Schlussendlich müsse aber jeder für sich entscheiden, ob er daran teilnehmen will, so der AHA-Präsident Bob Reuter.

 

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