Angesiedelt ist der neue Service mit dem sperrigen Namen “Service d’assistance aux hommes victimes de violence domestique ” beim Verein InfoMann. Dieser Verein versteht sich schon lange als ein “Save Space” (ein sicherer Hafen) für Männer. Der Verein wirbt für einen respektvollen Umgang miteinander.

Anders als bislang muss InfoMann nicht mehr warten, bis sich ein Opfer meldet, um Helfen zu können. Der neue Service erhält die Berichte von Polizeieinsätzen und der Staaatsanwaltschaft und kann dann mit dem Opfer Kontakt aufnehmen, um es bei weiteren administrativen und juristischen Schritten zu begleiten und um psychologischen Beistand zu leisten, erklärt Walid Megharbi, Verantwortlicher bei InfoMann.

Die Ministerin für Gleichstellung und Diversität, Yuriko Backes, sagte zur Einweihung des Services: „Diese Einweihung ist ein entscheidender Schritt in den Bemühungen des Ministeriums für Geschlechtergleichstellung und Vielfalt (MEGA), das Dienstleistungsangebot für Opfer häuslicher Gewalt zu vervollständigen, wobei diesmal der Schwerpunkt auf der Betreuung männlicher Opfer liegt.“

Notunterbringung

Grundlage der Neuerung ist ein Gesetz, das Anlaufstellen für die Opfer (und übrigens auch Täter) von häuslicher Gewalt fordert. Männliche Opfer mussten sich allerdings bislang an “Femmes en détresse” (dt..  Frauen in Not) wenden. Dieser hat zum Beispiel, wenn es um Notunterbringungen ging, bereits mit InfoMann zusammengearbeitet, weil sie selbst nur über Frauenunterkünfte verfügt. Trotzdem eine ungewöhnliche Situation, die nun geklärt wurde.

Je nachdem, welches Geschlecht das Opfer hat, verhält sich die Polizei anders, berichtet Walid Megharbi. Bei Männern bestünde zwar meist keine Lebensgefahr – Stichwort Femizid – allerdings kritisiert er das Vorgehen mancher Polizeibeamten. Sie würden manchel dem Opfer empfehlen, spazieren zu gehen und in einer Stunde wieder zu kommen, wenn sich die Lage beruhigt habe. Eine Kehrseite des Patriarchats.

Walid Megharbi erklärt die Arbeit anhand eines realen Beispiels. Ein Mann wurde Opfer von Gewalt und hat die Polizei gerufen. Daraufhin wurde er (und nicht die mutmaßliche Täterin) aus der Wohnung verwiesen. Der Verein unterstützte den Mann dabei, diese Entscheidung rückgängig zu machen.

Weibliche Täterinnen

Aber wer sind die Täter? Im laufenden Jahr gewann der Verein Kenntnis von 89 Fällen häuslicher Gewalt (sowohl Gewalt zwischen Partnern sowie Gewalt in der Familie). In den meisten Fällen handelte es sich um Gewalt durch die Lebensgefährtin. Bei einem kleinen Teil dieser Fälle handelt es sich um Gewalt von Familienmitgliedern, erklärt Walid Megharbi. Unter diesen registrierten Fällen sei auch nur ein homosexuelles Paar gewesen, bei dem also ein Mann seinem Partner gegenüber gewalttätig wurde.

Wer sich der Gewalt gegen Männer widmet, riskiert sich dem Vorwurf auszusetzen, die Gewalt gegen Frauen herunterspielen zu wollen. Das liege allerdings keinesfalls im Interesse von InfoMann, erklärt Walid Megharbi. Im Vorfeld hat man sich deshalb auch mit Vereinen aus dem feministischen Bereich beraten. Aber diese Art der Gewalt existiere nun mal, auch wenn Frauen zahlenmäßig am häufigsten Opfer werden.

Von den Diensten des Vereins können übrigens sowohl Einheimische als auch Grenzgänger gratis profitieren. Um weiter über das Thema aufzuklären, veranstaltet  die Organisation im Januar eine Ausstellung auf der Fußgängerbrücke des hauptstädtischen Hauptbahnhofes.

 

Finden Sie unsere News auf Instagram