Um in der Fondindustrie zu arbeiten, ist Luxemburg sicher eine gute Adresse. Ich möchte halt nur darauf aufmerksam machen, dass so eine Tätigkeit in L auch mit Nachteilen verbunden ist.
Wobei das eigentliche Problem sind ja nicht die Einschränkungen als solches, die ich als Berufseinsteiger auch hingenommen hatte, sondern problematisch sind vor allem die Wechselwirkungen mit dem Beruf: Also konkret kam ich in meiner Anfangszeit öfters schon entnervt zur Arbeit wegen langen Staus (ich komme damit einfach nicht klar), wodurch dann meine Konzentration merklich nachliess/ ich schneller müde wurde. Aehnlich verhält es sich mit dem Essen: Klar kann man da sparen, wenn man sich an der nächsten Frittenbude oder beim Dönerladen ernährt. In L lernte ich 4 Kantinen kennen, keine davon konnte mich als Dauergast gewinnen, um es mal gelinde auszudrücken, also bin ich oft in städtische Restaurants gegangen, die wiederum teurer sind. Voraussetzung, dass ein Spitzensportler seine Top-Leistung abrufen kann (die auch ein Angestellter abrufen sollte, um aufzusteigen), ist aber u.a., dass er eine ausgewogene Ernährung hat, die eben etwas mehr kostet, eine entspannte Anreise zum Austragungsort hat etc. Aber natürlich kann man auch trotz ungünstiger anfänglicher Voraussetzungen eine grosse Karriere machen, nur wird es dann halt etwas schwieriger. Wenn ich nochmal anfangen müsste, dann würde ich jedenfalls nicht mehr pendeln, sondern direkt vor Ort mir was suchen. Ich kenne z.B. einen, der stand morgens um 6:00 Uhr auf, fuhr gegen 7:00 Uhr weg und kam mit Pendelei, Ueberstunden, Mittagspause etc. im Schnitt gegen 20:00 Uhr nach hause. Ausser zu elementaren Grundbedürfnissen wie Essen, Duschen, Schlafen etc. kam er zu gar nix mehr; irgendwann erleidete er dann einen Burn-Out. Ich sage nicht, dass das so kommt, nur muss man sich halt auch über mögliche Konsequenzen bewusst sein. Allein der Gedanke, pro Woche nahezu einen ganzen Arbeitstag mehr im Auto/Bus verbringen zu müssen im Vergleich zu einem Vor-Ort-Ansässigen, würde bei mir mittlerweile Unbehagen auslösen. Aber das muss natürlich jeder selber wissen, das hängt natürlich vor allem von ganz subj. Dingen wie der pers. Stresstolerenz etc. ab, da gibt es kein objektiv richtig und falsch in der Wohnfrage, nur halt die Wahl zwischen mehreren jeweils nicht so tollen Alternativen.
Klar gibt es gute Aufstiegschancen und wenn man Abteilungsleiter oder besser noch Bereichsleiter wird, wird man noch deutlich mehr verdienen als 60T + Bonus.
Diese Grössenordnung halte ich auch für machbar in ein paar Jahren, es gehört da aber auch immer eine Portion Glück dazu (dass eben grade wo was frei wird und sie sonst niemand besseren finden) und am besten noch viel Vitamin B. Voraussetzung für Gehaltserhöhungen ist jedoch auch meist, dass sich die allgemeine wirtschaftliche Gesamtsituation ordentlich entwickelt (und auf die hat man keinen Einfluss): Also bekommen wir z.B. einen neuen Hypothekencrash (die Notenbanken geben sich ja alle Mühe, den ein 2. Mal herbeizuführen), dann wird es erstmal wieder Einstellungsstops und Gehaltseinfrierungen geben, selbst wenn man selber hervorragende Arbeit leistet.
Ich kenne etliche Bankangestellte in L, die die letzten 10 oder 15 Jahre keine einzige eigentliche Gehaltserhöhung mehr erhalten hatten. (Die automatischen Indexanpassungen in L sind ja keine echten Gehaltssteigerungen, sondern realwirtschaftliche Gehaltsminderungen, da ein 2,5% Preisanstieg nur mit etwa 1,5% Nettolohnanstieg verbunden ist.) Anfangs kann man schon mit merklichen Gehaltserhöhungen rechnen, danach ist das dann aber zumindest fraglich. Ueberhaupt ist auch der Nettogehaltsunterschied bei höheren Jahresgehältern von etwa 100.000 € von Leuten in L verglichen zu Leuten in D nicht so immens (ca. 10.000 €), was wiederum durch die deutlich höheren Lebenshaltungskosten in L zumindest kompensiert wird.
Jo, von 5.000 € brutto kann man derzeit in L angemessen leben, aber viel mehr auch nicht. Die Frage ist halt, wie hoch in ein paar Jahren dann die Immobilien-/Mietpreise sein werden, wenn allein im letzen Jahr die Immobilienpreise rund 6% anzogen. Oder ich möchte nicht wissen, was dann ein Kasten Wasser kostet, wenn man dafür heute schon 9 € zahlen muss.