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Dieselkraftstoff wird in Luxemburg teurer
Forum / Allgemeines

Einberufung zwecks empirischer Sozialforschung  

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Hamisso
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22 Jahren  ago  

Ein älterer Kollege von mir ist arbeitslos, weil sein Vertrag nicht verlängert wurde. Da er in Luxemburg wohnt, erhielt er kürzlich von ADEM per Einschreiben seinen Stellungsbefehl („Convocation“). Zu dem genannten Tag, Punkt 8.30 Uhr , mit Crayon und Stylo bewaffnet, antreten im Athénée de Luxembourg, Wegskizze ist beigefügt. 4 Stunden Zeit mitbringen, genannter Grund: Questionnaire ausfüllen: Warum und wofür stand nicht dabei; die Betroffenen hatten allerdings ein paar Tage Zeit, sich darüber passende oder unpassende Gedanken zu machen. Das Athénée ist ja nicht schwer zu finden, man muss nur den Schulbussen folgen. In der Turnhalle Tische wie bei einer großen Abschlussklausur. Nein, es sei keine Prüfung, wird den Versammelten in zweierlei Sprachen versichert, Deutsch war nicht dabei. Der Fragebogen war Multiple-Choice und es war nach Einstellungen zur Stellensuche von jungen Arbeitslosen gefragt. Wie sinnvoll es ist, einen über 55jährigen danach zu fragen, ob er unter oder über 1 Jahr schon in seinem Leben gearbeitet hat, muss man wohl nicht sonderlich betonen. Vielleicht brauchte man eine Vergleichsgruppe. Den Fragebogen gab es in Deutsch, allerdings bei zwei Sätzen wäre es gut gewesen, auch den entsprechenden in Französisch zu haben, um den Sinn der Aussage entschlüsseln zu können. Arbeitslose als Objekt von Arbeitsverwaltung und empirischer Sozialforschung. So weit so (un)schön. Wie wäre es mal damit, arbeitslose Menschen als denkende Wesen zu nehmen, die man vorher entsprechend informiert? Stattdessen werden auf sie kurzerhand ein paar Seiten geschlossene Fragen (d.h. die Versuchsperson darf nur auswählen unter vorgegebenen Antworten!) losgelassen, die angeblich in Quebec und in „la douce France“ hervorragend funktioniert haben.


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Meffo
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22 Jahren  ago  

„… information-gathering systems or research methods always premise the existence and use of some system of social control. It is not only that the information they yield may be used by systems of social control, but they themselves are systems of control. (…) To the degree that the social sciences are modelled on the physical sciences, they entail the domain assumption that people are ‚things’ which may be treated and controlled in much the same manner that other sciences control their non-human materials: people are ‚subjects’ which may be subjected to the control of the experimenter for purposes they need not understand or even consent to. Such social science will thoughtlessly drift into buying increments of information at the cost of human autonomy and dignity.“ (Alvin W. Gouldner, The Coming Crisis of Western Sociology, London 1971, p. 50)