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Forum / Allgemeines

Beamter darf nach 5 Jahren Suspendierung wieder arbeiten  

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Meffo
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20 Jahren  ago  

Diese Pressemeldung schmeckt nach einem Kuriosum, typisch für eine Bürokratie und geeignet, alle Vorurteile gegenüber den Beamten zu verstärken. Doch hinter diesem Modellfall steckt für mich mehr dahinter. Claude Weber, Konservator an der Nationalbibliothek, wurde von der letzten Kulturministerin Frau Schoepges für nunmehr 5 Jahre vom Dienst enthoben, angeblich, weil er sich in den Medien kritisch gegenüber den Plänen seiner Ministerin geäußert habe. François Biltgen, nicht nur neuer Kultur- sondern auch Beschäftigungsminister, tat nun, wie seine Aufgabe lautet, und hat dafür gesorgt, dass Herr Weber nicht nur sein Beamtengehalt weiter bezieht, sondern dass er dafür auch etwas tun darf. Während andernorts Leute bestraft werden, indem man ihre Vergütung kürzt, werden Beamte dadurch bestraft, dass sie für ihre Bezüge nichts Gescheites mehr tun dürfen. Ist dies nicht schon schlimm genug, so ist es noch mehr Besorgnis erregend, dass Kritik von Untergebenen zu solchen Disziplinarmaßnahmen geführt hatte. Eine derartige Tradition lässt Schlechtes ahnen im Hinblick auf die Reform der öffentlichen Verwaltung, insbesondere hin zu mehr Bürgernähe und Transparenz, etwa auch auf dem Gebiet von eGovernment!


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Opti
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20 Jahren  ago  

Warum wird jemand eigentlich Beamter? Weil er zu Diensten und Wohle der Allgemeinheit arbeiten will, oder weil er ein möglichst bequemes, sorgenfreies Arbeitsleben geniessen will, bei möglichst hoher Dotierung? Jedem Beamten, der lange genug im Beamtensystem gearbeitet hat, muss sich doch bewusst sein, dass öffentliche Kritik an Vorgesetzten oder am Beamtensystem selbst eine grosse Gefahr für das Beamten-"Establishment" darstellt, selbst wenn die Kritik berechtigt und im Bügerinteresse ist. Wenn alle Beamten dichthalten und zusammenhalten, kann nichts nach draussen dringen. Man soll keine schlafenden Hunde wecken.

Was hat ein Beamter, der seine Aufgabenerfüllung vielleicht zu genau nimmt, eigentlich davon, wenn er öffentlich Kritik übt? Warum schmeisst er nicht direkt ganz das Handtuch, wenn ihm etwas nicht passt und sucht sich woanders eine Stelle?

Selbst wenn er unberechtigt "geschasst" wird, damit seine Kollegenschaft ungestört schalten und walten kann, muss er mit einem Heer von Neidern rechnen, die nicht verstehen können, warum einer für's Nichtstun auch noch Geld bekommt. Im Zweifelsfall bezahlen die Neider mit ihren Steuergelder lieber Unsummen für unnötige Ausgaben, als mitansehen zu müssen, dass womöglich der Nachbar sich auf Staatskosten ein schönes Leben machen kann.

Jemand, der Kritik übt, kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass er rausgeschmissen wird. Es besteht auch die Möglichkeit, dass man ihn weiterarbeiten lässt und lieber seine interne Karriere beendet. Ausserdem gibt es noch unzählige schöne Mobbingmethoden, um jemand bestrafen zu können. Das macht den Vorgesetzten womöglich noch richtig Spass. Allerdings können sie dann nie ganz sicher sein, ob dieser Querulant ihnen nicht doch in irgendeiner Weise unbequem wird. Deshalb beschliessen sie im Zweifelsfall lieber den Rausschmiss. Bedenken sollte so ein Kritiker auch, dass er, wenn man ihn weiterarbeiten lässt, wahrscheinlich ziemlich isoliert dasteht. Wer von den Kollegen bzw. Vorgesetzten will sich denn selbst unbeliebt machen, indem er mit "so einem" sympathisiert und dadurch selbst mit persönlichen Nachteilen rechnen kann.

Den Rat, den man jedem Beamten geben kann, ist also: Mund halten, mitmachen und weitermachen wie gehabt. Lieber eine ruhige Kugel schieben; viele Beamten haben während ihrer Dienstzeit genug Leerlauf, um ihrem "Zweitjob" nachgehen zu können. Davon kriegt die Öffentlichkeit meistens nichts mit und daher stört es die Steuerzahler auch nicht, dass sie für diese zusammengerechnet immensen Zeiten auch noch Gehälter bezahlen.

Siehe zu dem Thema auch den Artikel in der Wirtschaftswoche v. 13.10.2004. "EU-Kommission entlässt Ex-Chef-Buchhalterin".