Eine luxemburgische Firma führt die 4-Tage-Woche ein
Veröffentlicht
von
SarahGMelis
am 08/07/2023 um 08:07
Während die belgische Regierung im Jahr 2022 die 4-Tage-Woche eingeführt hat, scheint die luxemburgische Regierung (zumindest vorerst) noch nicht bereit zu sein, diesen Schritt zu gehen. Dennoch hat sich ein Unternehmen im Großherzogtum dazu entschlossen, die “echte” 4-Tage-Woche mit reduzierter Arbeitszeit einzuführen.
Seit dem 1. Juli testen die 15 Mitarbeiter von Flibco.com, darunter 9 Grenzgänger, deren Hauptsitz in Luxemburg liegt, die 32-Stunden-Woche, ohne Urlaubs- oder Gehaltsverlust. Im folgenden Interview spricht Tobias Stüber, der CEO, über diese Entscheidung.
Warum haben Sie sich dafür entschieden, die 4-Tage-Woche in Luxemburg zu testen?
Es sprechen viele Gründe für die testweise Einführung am Standort in Luxemburg. Zum einen befindet sich der Hauptsitz des Unternehmens in Luxemburg. Hier befinden sich die Abteilungen wie Marketing, Networking Planning, Administration, Pricing und weitere Units, die ihr Know-how für unsere Mitarbeiter in den anderen Ländern zentral bereitstellen und sie somit unterstützen. Strategisch macht eine Testphase aus dieser zentralen Einheit für uns vollkommen Sinn und innerhalb dieses einen Jahres werden wir die Situation evaluieren, aber ich kann Ihnen bereits sagen, dass wir planen, diese Arbeitsmodelle auch in anderen Ländern einzuführen.
In Belgien reduziert die 4-Tage-Woche nicht die Arbeitszeit. Sie haben sich jedoch dafür entschieden, eine komplette Arbeitswoche zu streichen. Warum diese Entscheidung?
Viele Studien haben gezeigt, dass Unternehmen, die ähnliche Arbeitsmodelle umgesetzt haben, positive Ergebnisse erzielen. Zum Beispiel hat eine Studie des International Work-Life Balance Research Institute gezeigt, dass Organisationen, die die Arbeitszeit reduzieren, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit aufweisen und dadurch ihre wirtschaftliche Leistung verbessern. Ich glaube fest daran, dass wir ein enormes Potenzial haben, unsere Effizienz zu verbessern und unseren Mitarbeitern dadurch einen zusätzlichen freien Tag pro Woche zu geben.
Ich betrachte dies als Investition in meine Mitarbeiter, die meiner Überzeugung nach motiviert sein werden, das nächste Optimierungsniveau zu erreichen. Eine Verschiebung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 h auf 4 Tage hat für mich wenig mit Optimierung zutun und würde ich als halbgare Lösung bezeichnen, die was die Effizienz angeht keinen Sinn macht. Wir wollen innovativ sein und eine echte WIN-WIN Situation kreieren – ändere Länder machen es vor, dass es auch richtig funktioniert!
Die 4-Tage-Woche findet in Luxemburg nicht wirklich einhellige Zustimmung. Was sagen Sie denen, die nicht daran glauben?
Diskussionen und auch unterschiedliche Meinungen sind gut und sollten auch respektiert werden – dies tue ich voll und ganz! Als CEO trage ich die Verantwortung für flibco.com. Ich habe dieses kritische Feedback aufmerksam gehört und werde schauen, ob ich daraus Lehren ziehen kann. Dieser Schritt ist die Konsequenz eines intensiven und mehr als 4 jährigen Change Management Prozesses auf verschiedenen Ebenen. Meiner Meinung nach ist es die richtige Entscheidung für eine innovative berufliche Zukunft meiner Mitarbeiter/innen in Luxemburg.
Natürlich können nicht alle Unternehmen solche Veränderungen einfach umsetzen, aber das sollte aus meiner Sicht kein Hindernis für eine moderne und innovative Denkweise sein. Ich denke, es sollte alle motivieren, kreative Lösungen zu finden, um alles Mögliche zu tun, um einerseits ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und andererseits im Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wie wurde die Neuigkeit innerhalb des Unternehmens aufgenommen?
Diese vier Arbeitstage sind die logische Konsequenz eines langen und intensiven Veränderungsprozesses hin zu einer modernen Arbeitsweise. Die Leute haben sehr positiv reagiert und waren beeindruckt, dass ein luxemburgisches Unternehmen tatsächlich eine solche Entscheidung trifft.
Natürlich gab es einige Bedenken, aber nach einigen Meetings, in denen wir erklärt haben, dass dies ein gemeinsames Projekt sein wird, das wir zusammen managen werden, sind nun alle sehr begeistert und motiviert, daraus eine wahre Erfolgsgeschichte als Vorreiter in Luxemburg zu machen!
Wie wird diese 4-Tage-Woche konkret organisiert?
Flexibilität und Verantwortungsbewusstsein aller Mitarbeiter sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Umsetzung einer solchen Initiative. Die Mitarbeiter entscheiden selbst, an welchem Wochentag sie frei nehmen möchten. Sie können auch wählen, ob sie einen ganzen Tag oder zwei halbe Tage frei nehmen. Jeder Mitarbeiter trägt eine große Verantwortung, unabhängig von seiner Hierarchieebene. Die einzige Regel besteht darin, sicherzustellen, dass das Business reibungslos funktioniert. Das erfordert natürlich ein hohes Maß an Kommunikation und Organisation innerhalb der Teams.
Das Unternehmen unterstützt dies mit Tools und Prozessen, um alles agil und kontinuierlich zu optimieren. Die Logik basiert auf der Regel 100/80/100: das bedeutet 100 % Gehalt, 80 % Arbeitszeit und eine Mindesteffizienz von 100 %. Ich möchte betonen, dass unsere Dienstleistungen von dieser Änderung in keiner Weise beeinträchtigt werden. Die Geschäftskontinuität wird wie gewohnt gewährleistet.
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Glauben Sie, dass diese neue Dynamik neue Mitarbeiterprofile anziehen wird?
Diese neue Dynamik spiegelt den Spirit des Unternehmens wieder, und wir sind überzeugt, dass es uns auch helfen wird, neue Mitarbeiter anzuziehen, die gut in unsere Organisation passen.
Haben Sie die Absicht, andere Unternehmen in Luxemburg zu inspirieren?
Warum nicht, aber wir tun dies nicht, um andere zu beeindrucken. Wir tun es, weil wir an dieses Konzept glauben und überzeugt sind, dass wir unsere Leistung optimieren können, während wir die Arbeitsbedingungen unserer Mitarbeiter verbessern. Es handelt sich um eine echte Win-Win-Situation von Anfang an. Wenn andere Unternehmen oder Experten sich davon inspirieren lassen möchten, sind sie jederzeit gerne eingeladen, Kontakt mit uns aufzunehmen, um Ideen auszutauschen.
Gilt die 4-Tage-Woche auch für den CEO?
Das ist mein langfristiges Ziel! Aber derzeit, da ich auch für die Unternehmen in Italien und Belgien verantwortlich bin, ist das aktuell nicht vorgesehen – es ist aber nur eine Frage der Zeit wird daher kommen, lass Sie uns nun im ersten Schritt diese Testphase in Luxembourg erfolgreich gestalten. Hier habe ich ein sehr gutes Gefühl und habe vollstes Vertrauen in mein Team!
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