In den letzten Tagen hat die luxemburgische Regierung immer mehr auf eine Beruhigung im Sozialdialog gesetzt. Einmal ist es der Premierminister, der ankündigt, regelmäßig Rundtischgespräche mit den Sozialpartnern abzuhalten, um eine Bestandsaufnahme zu machen. Ein anderes Mal sind es die Abgeordneten der CSV-DP-Mehrheit, die den Gewerkschaften ihre „zentrale Rolle“ bei der Aushandlung künftiger Kollektivverträge versichern wollen. Und nun ist es Martine Deprez, die eine neue weiße Fahne schwenkt.

So versicherte die Ministerin für soziale Sicherheit ins RTL-Mikrofon, dass die Regierung nicht beabsichtige, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der abwesenden Arbeitnehmern einen oder mehrere Karenztage auferlegt. Und das, obwohl die Forderung von Arbeitgeberseite (wieder) lauter wurde. So hatte der Handwerkerverband diesen Vorschlag in seine Wünsche für 2025 aufgenommen… Ein Kurswechsel der Regierung, der noch vor einigen Monaten nicht selbstverständlich war.

Die Ministerin will jedoch prüfen, was getan werden kann, um den “Absentismus”, der in den letzten Jahren zugenommen haben soll, besser in den Griff zu bekommen. Sie kündigte an, dass in Kürze eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema eingesetzt werden soll.

Zwei Ausnahmen

Die Gruppe soll aus Vertretern der Nationalen Gesundheitskasse (CNS), der medizinischen Kontrolle, der Union des entreprises luxembourgeoises (Vereinigung der Unternehmen = UEL) und der Gewerkschaften bestehen. Am Dienstag wird sich übrigens herausstellen, ob diese Ankündigung OGBL und LCGB passt; die beiden Formationen beabsichtigen, nach der Drohung mit einem Generalstreik die es Ende 2024 noch gab, eine Bestandsaufnahme der Stimmung an der „Gewerkschaftsfront“ vorzunehmen.

Vor einigen Monaten hatte eine Studie über die Kosten des Absentismus für die luxemburgische Wirtschaft die Zahl von einer Milliarde Euro genannt. Und regelmäßig beklagen Unternehmer, dass die Behörden bei der Überwachung (und Bestrafung) von Arbeitnehmern, die kurze und unbegründete Abwesenheiten missbrauchen, zu lax sind.

In der Großregion haben nur Deutschland und Luxemburg noch keinen Karenztag bzw. keine Karenztage eingeführt. Die Arbeitnehmer in Frankreich und Belgien sind bereits an diese Regelung gewöhnt, die ihnen am ersten Tag oder an den ersten Tagen ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit den Lohn oder die Vergütung vorenthält.

In Frankreich haben die  unterschiedlichen Premierminister in den letzten Monaten angedeutet, dass sie die „Toleranz“, die den Beamten im Vergleich zu den Beschäftigten in der Privatwirtschaft gewährt wird, angleichen wollen. So gilt der Karenztag in der französischen Verwaltung nur für einen Tag, während er für andere Erwerbstätige drei Tage beträgt. Eine Reform, die die Regierung Bayrou offenbar nicht mehr durchführen will.

In Belgien gilt der erste Tag der Abwesenheit wegen Krankheit als (unbezahlter) Karenztag für Arbeitnehmer mit Verträgen mit einer Laufzeit von weniger als 14 Tagen. Bei längeren Verträgen übernimmt der Arbeitgeber in der Regel ab dem ersten Tag die Vergütung (dieses System variiert je nach Tarifvertrag und Branche).

 

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