„Die Bauwirtschaft in Luxemburg ist wie ein Tanker. Er ist massiv (noch 60.000 Beschäftigte), stark (fast 4.000 Unternehmen) und kann Krisen überstehen. Aber er ist manchmal auch langsam zu manövrieren…“. Während die Branche ihren kollektiven Sommerurlaub beginnt, kommt dem Generaldirektor der Handwerkskammer, der über viele der Handwerker wacht, die gerade eine der schlimmsten Flaute erlebt haben, die das Land je gesehen hat, diese Metapher in den Sinn.

Vor einem Jahr schlug die Kammer Alarm und warnte davor, dass 4.600 Arbeitsplätze aufgrund der Krise in der Branche verloren gehen würden. Wie weit sind wir heute?

Tom Wirion: „Leider nicht so weit. Nach den offiziellen Zahlen haben bereits 3.000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verloren, weil die Aufträge fast völlig ausgeblieben sind. Die Warnung wurde teilweise umgesetzt, also war sie nicht leichtfertig ausgesprochen worden.

Die Situation war damals kompliziert und es gab kaum positive Aussichten. Ich glaube, dass sich der Trend nun umkehren wird. Es ist jedoch bedauerlich, dass so viele Bauunternehmen in so kurzer Zeit schließen mussten. Der Sturm war hart“.

Die neue Regierung Frieden reagierte schnell. Aber war es zu spät?

Die Situation verschlechterte sich in der zweiten Hälfte des Jahres 2022. Ab diesem Zeitpunkt begannen die Auftragsbestände zu schmelzen. Danach folgte trotz unserer Warnungen ein Jahr der … sagen wir mal Stand-by. Die Politiker hatten den Kopf mehr mit den beiden Wahlen, den Kommunal- und Parlamentswahlen, als mit den dringenden Reformen beschäftigt. Also ja, es gab Verzögerungen bei den Entscheidungen. Ja, das war zweifellos schädlich.

Aber man muss die Geschwindigkeit festhalten, mit der danach die Entscheidungen getroffen wurden. Im Mai wurde nicht eine Maßnahme zur Ankurbelung des Bauwesens von den Abgeordneten gebilligt, sondern 40 Vorschläge aus den verschiedenen Ministerien, die sich zu diesem ernsten Problem zusammengeschlossen haben. Einige Maßnahmen wurden sogar rückwirkend ergriffen, eben um die verlorene Zeit aufzuholen. Nun müssen diese Maßnahmen bekannt werden, umgesetzt werden und vor Ort Anklang finden. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem das große Schiff Construction beginnt, seinen Kurs zu ändern!

Daher müssen die Investoren wieder auf den privaten Immobilienmarkt zurückkehren. Selbst die beginnende Senkung der Zinssätze veranlasst sie dazu. Aber auch der Staat oder die Gemeinden müssen sich der Bedeutung ihrer Rolle bewusst werden. Auch wenn die Regierung versprochen hat, durch umfangreiche Wohnungskäufe zu unterstützen (Anm. d. Red.: 480 Mio. € bis 2027), beklagen sich viele Handwerker, dass sie nicht viele öffentliche Ausschreibungen haben, auf die sie antworten können. Dabei sind ihre Angebote von heute die Baustellen von morgen. Daher müssen Ausschreibungen schneller veröffentlicht werden.

Während der Finanzkrise im Jahr 2008 hatten wir bereits schlechte Zeiten erlebt. Und um die Bearbeitung ihrer Ausschreibungen zu beschleunigen, hatte die Regierung private Büros beauftragt, mehr und schneller ihre Aufträge zu veröffentlichen. Das wäre vielleicht in diesem Sommer zu wiederholen…“.

Eben, fehlt noch eine unterstützende Maßnahme?

Ich denke, dass die Mehrwertsteuer für den Wohnungsbau (TVA logement) überarbeitet werden könnte. Derzeit gilt der stark reduzierte Satz von 3% für einen Kauf bis zu einer Summe von 50.000 Euro. 100.000 Euro scheint mir eine neue Obergrenze zu sein, die mehr Haushalte dazu ermutigen würde, den Schritt zu wagen…

Der Finanzminister wird zwar ein paar Steuerausfälle bedauern, aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was es den Arbeitsminister kosten würde, mehr Arbeitslose aus dem Baugewerbe zu bekommen.

Es gäbe auch die Abschaffung der Registrierungsgebühren auf die Bauquote, die dem Markt für den Verkauf nach Plan (VEFA, vente en voie d’achèvement) gut tun könnte. Aber man darf nicht gierig sein, schauen wir uns schon einmal an, was die Maßnahmen vom 15. Mai bereits bewirken werden. Von Seiten der Handwerkskammer werden wir uns bewegen, um sie gut bekannt zu machen.“

Und Mitte August, was ist nach dem Ende des Kollektivurlaubs zu erwarten?

Schon jetzt atmen alle auf: Sowohl Arbeiter als auch Unternehmer haben sich diese Ruhepause in diesem schwierigen Umfeld verdient. Die Insolvenzen im Baugewerbe haben in den letzten Monaten zwar zugenommen, sind aber nicht so stark explodiert, wie von manchen befürchtet. Der Rohbau, der Tiefbau und die Fertigstellung haben sich also gut gehalten. In Luxemburg müssen die Beschäftigten, die Bauleute zuversichtlich bleiben: Die Maßnahmen werden wirken. Wir werden es schaffen.

Letztes Jahr um diese Zeit hätte ich nicht dieselbe Rede gehalten. Das Schiff wird es schaffen und die Mannschaft mit ihm!“.

 

In der Rubrik ARBEIT,
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