Keine Immunität gegen Impfskepsis
Veröffentlicht
von
Yves Greis
am 12/02/2025 um 06:02
![](https://www.diegrenzgaenger.lu/wp-content/uploads/2025/02/Impfung-726x363.jpg)
In den letzten Jahren hat sich die Einstellung der Europäer zu Impfungen zum negativen hin verändert. Dieses Bild spiegelt sich auch in unserer Großregion wider. Das geht aus einer vor kurzem veröffentlichten Eurobarometerumfrage hervor.
Demnach ist die Zahl derer in Luxemburg, die glauben, dass Impfstoffe und der Kampf gegen Infektionskrankheiten das Leben in den nächsten 20 Jahren verbessern werden, zwischen 2021 und 2024 von 89 % auf 75 % gefallen. In den Nachbarländern, Deutschland und Belgien, sieht es ganz ähnlich aus. In Frankreich ist der Vertrauensverlust nicht ganz so dramatisch, allerdings waren die Franzosen vorher bereits weniger von der positiven Wirkung von Impfungen überzeugt.
Dr. Gérard Schockmel, Spezialist für Infektionskrankheiten und DP-Abgeordneter im Luxemburger Parlament, ist bei der Interpretation der Zahlen vorsichtig, ohne die genaue Zusammensetzung der Stichprobe zu kennen. Dafür, dass es Menschen gibt, die Impfungen skeptisch gegenüberstehen, kennt er aber mehrere Erklärungsansätze.
Schlecht Kommuniziert
Er kritisiert die vorherige Regierung, die während der Covid-Pandemie Kommunikationsfehler gemacht hätte. Sie hätten früher – bereits in der Entwicklungsphase – über die Covid-Impfungen informieren müssen.
Des Weiteren sieht er eine Mitschuld in den Sozialen Medien, wo Falschinformationen sich ungeprüft breit machen können. Desinformationskampagnen (etwa von Russland) hätten so ein leichtes Spiel. Daneben gebe es (auch unter den Krankenpflegern) viele Menschen, die der Naturheilkunde anhängen. Unter ihnen werden Impfungen manchmal mit großer Skepsis betrachtet, weiß Schockmel.
Falschinformationen, wie der angebliche Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus, wurden längst mehrfach überprüft und konnten nicht bestätigt werden. "Aber, diese Informationen halten sich hartnäckig jahrzehntelang. Kaum jemand liest diese Fachliteratur", so der DP-Abgeordnete.
Wie kann die Politik es das nächste Mal besser machen? Damit das Land bei einer nächsten Pandemie nicht wieder "bei null anfangen muss" wurde über die Schaffung eines Pandemiegesetzes gesprochen, erinnert Schmockmel. "Jetzt hat die Regierung entschieden, kein gesondertes Pandemiegesetzt zu schaffen, sondern es in ein Gesetz über die öffentliche Gesundheit einzubinden. Dazu gehört natürlich auch, wie auf eine Pandemie reagiert werden soll." An einem entsprechenden Gesetzesentwurf würde die Regierung derzeit arbeiten.
Dabei spielten Impfungen für unsere Gesellschaft eine wichtige Rolle. "Wir haben ganz viele gefährdete Bevölkerungsgruppen", sagt Schockmel. "Unsere Gesellschaften im Westen sind alte Gesellschaft. Die Alterspyramide hat längst nicht mehr die Form einer Pyramide", so Schockmel. "Dementsprechend haben wir auch viele Menschen mit einer Reihe chronischer Krankheiten (Herz, Lunge, Leber...)." Hinzu kommt die "Diabetes-Pandemie".
"Dann haben wir viele Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben", zählt Schockmel weiter auf. Gemeint sind u.a. auch Krebspatienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen und Immunsuppressiva erhalten. "Dann gibt es immer mehr chronische inflammatorische Krankheiten, wie die chronische Arthritis." Dafür gibt es keine Heilung. Um den Patienten Erleichterung zu verschaffen, wird ihr Immunsystem unterdrückt. "Der Preis dafür ist eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen."
Über den eigenen Tellerrand hinaus
"Eine Impfung ist wie ein Medikament. Und es gibt kein Medikament ohne Nebenwirkungen", sagt der frühere Forscher. "Man muss zwischen den Vor- und Nachteilen abwiegen. Im Falle einer Pandemie muss jeder Einzelne über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Auch Menschen, die nicht direkt betroffen sind, gefordert." In der COVID-Pandemie wurden zum Beispiel junge gesunde Menschen aufgerufen, sich impfen zu lassen, weil sie das Virus an gefährdete Gesellschaftsgruppen übertragen könnten.
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