Wie die Großregion X den Rücken kehrt
Veröffentlicht
von
Yves Greis
am 15/01/2025 um 17:01
Immer mehr Menschen und Organisationen verlassen die Plattform X (früher Twitter). Der Grund: Seit Milliardär Elon Musk Twitter in 2022 gekauft , mit der Ansage, auf der Plattform der Redefreiheit absoluten Vorrang zu geben, haben viele Nutzer den Eindruck, dass der Ton sich verschärft hat und die Beiträge immer mehr nach rechts deuten.
Auch dass Musk Donald Trump im Wahlkampf unterstützt hat und nun nicht mehr von der Seite des designierten Präsidenten der USA weicht, schmeckt vielen nicht. Ganz zu schweigen von Musks Unterstützung für Parteien wie die deutsche AFD oder den britischen Oppositionspolitiker Nigel Farage. Dem Milliardär wird zudem vorgeworfen, seine eigenen Beiträge und solche, die ihm politisch gefallen, künstlich zu verbreiten.
Prominentes Beispiel für den Exodus ist die luxemburgische Bahngesellschaft CFL. Deren Account gibt es zwar noch, doch der angepinnte Post vom Dezember erklärt, dass wegen der Entwicklung von X keine neuen Beiträge gepostet werden. Passagiere werden gebeten, sich in Zukunft über die Internetseite der CFL oder die App zu informieren. Im Januar hat die CFL ihr Schweigen auf Twitter jedoch schon ein paar mal für wichtige Ankündigungen gebrochen.
Universitäten ziehen massenhaft von Dannen
Auch Lehranstalten verlassen die Plattform. Zu ihnen gehören ganz frisch die Universität Trier und die Universität des Saarlandes zusammen mit 58 anderen Hochschulen und Forschungsinstitutionen der 🇩🇪 Bundesrepublik. Die Institutionen nehmen kein Blatt vor den Mund, wenn sie den Grund nennen: “Die Veränderungen der Plattform X – von der algorithmischen Verstärkung rechtspopulistischer Inhalte bis zur Einschränkung organischer Reichweite – machen eine weitere Nutzung für die beteiligten Organisationen unvertretbar.”
Ähnlich sieht es wohl die 🇫🇷 Universität Lothringen aus dem benachbarten Frankreich. Sie hatte Twitter (wohl nicht schweren Herzens) schon im November verlassen. Ein Sprecher hatte gegenüber der Presse die “ethischen Fehlentwicklungen” als Grund für den Abgang genannt. Ein weiteres Beispiel für den Exodus ist die 🇧🇪Université libre de Bruxelles. Die 🇱🇺Luxemburger Uni postet schon seit 2023 nicht mehr auf Twitter.
Auch in der Politik macht sich der Abgang bemerkbar. Viele Politiker sind notorisch auf Twitter unterwegs, wo vor allem Journalisten ihnen an den Lippen hängen. Die luxemburgische Europaabgeordnete Tilly Metz hatte X Ende letzten Jahres den Rücken gekehrt: „Ich kann es nicht länger ertragen, eine Social-Media-Plattform zu nutzen, die von dem Multimillionär und Donald-Trump-Anhänger Elon Musk geleitet wird und deren Homepage von Musks Hassreden, Desinformationen, diskriminierenden Botschaften und populistischen Ideen geprägt ist”, schreibt sie auf Ihrer Internetseite.
Der ehemalige Wirtschaftsminister und Oppositionspolitiker Franz Fayot hingegen entschied sich auf X zu bleiben. “Als Abgeordneter einer kleinen aber funktionierenden Demokratie habe ich habe die Pflicht meinen Beitrag im Kampf gegen die brutalen Angriffe auf unsere Demokratie, Werte von Solidarität und Freiheit & Menschenrechte zu leisten. ” schrieb der Sozialist auf Instagram. Seinen Beitrag vertonte er mit dem Song “Should I stay or should I go” von The Clash.
In 🇧🇪 Belgien hat die Grüne Partei (Ecolo) sogar alle belgischen Ämter aufgefordert die Plattform zu verlassen: “X ist zu einem Werkzeug im Dienste eines Multimilliardärs mit autoritären politischen Ambitionen geworden, der offen konservative und spaltende Kräfte wie die AfD in Deutschland oder die Klimaskeptiker in Kanada unterstützt”, gab Co-Präsidentin Marie Lecocq zu Protokoll. “Diese Plattform, die hasserfüllte und spaltende Inhalte begünstigt, gefährdet den sozialen Zusammenhalt und die demokratische Stabilität”, so die Politikerin laut RTBF.
Hinzukommen Organisationen wie MSF Luxembourg, Greenpeace Luxembourg, Greenpeace France, die französische Gedenkstätte Caen… Die Liste der Organisationen die X verlassen ist langnicht.
Bereits 2022 als Musk die Plattform Twitter gekauft hat, hatten viele Menschen die Plattform verlassen. Damals hatte der dezentralisierte Kurznachrichtendienst “Mastodon” vielen Nutzern ein neues Zuhause geboten. Die Größe von Twitter/X mit rund 335 Millionen monatlichen Nutzern (2024) hat Mastodon allerdings nie erreicht. Derzeit zieht es viele Nutzer auf die Plattform “Blueskys“.
Am Dienstag, dem 7. Januar, hatte Meta-CEO Mark Zuckerberg (Facebook, Instagram, WhatsApp) in einer viel beachteten Videobotschaft erklärt, dass es auf Facebook in den USA in Zukunft keine Fakten-Checks mehr geben würde. Die Zeiten würden in Richtung “Redefreiheit” gehen, sagte Zuckerberg. Facebook werde sich in Zukunft an dem System von Twitter orientieren. Die Meldung wurde von vielen Kommentatoren als Kniefall vor Donald Trump angesehen.
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