Am Dienstag ist es zu einem Streit zwischen den Gewerkschaften und dem Arbeitsminister gekommen. Bei einem Treffen haben die Gewerkschaften geschlossen den Verhandlungstisch verlassen. Was ist passiert?

Eine neue EU-Direktive über den Mindestlohn soll in nationales Recht überführt werden. Dabei geht es vor allem darum, dass mehr Arbeitnehmer von einem Kollektivvertrag profitieren sollen. Die EU wünscht sich, dass in Zukunft rund 80 % von ihnen einen Kollektivvertrag haben. In Luxemburg liegt diese Quote im Moment bei 53 %.

Um die Umsetzung der Richtlinie zu diskutieren, wurde ein Treffen des “Ständigen Ausschusses für Arbeit und Beschäftigung” (CPTE) einberaumt. Dabei handelt es sich um ein Gremium das aus Vertretern von Regierung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besteht. Der Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) sollte dabei seinen Plan zur Förderung von Kollektivverträgen vorstellen. Eigentlich hätte dieses Treffen bereits am 24. September stattfinden sollen. Aber  die Gewerkschaften hatten um mehr Zeit gebeten um eine gemeinsame Position vorbereiten zu können.

Minister will alleine Entscheiden

Der Minister hatte dabei seine Bereitschaft bekundet, dass in Zukunft auch einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeiter ohne gewerkschaftliche Unterstützung Kollektivverträge verhandeln und unterzeichnen dürfen. Geht bislang nicht. Man könne die Entwicklungen in der Gesellschaft nicht ignorieren, so der Minister. Immerhin seien 56 % der Arbeitnehmervertreter neutral, d.h. nicht einer Gewerkschaft angeschlossen, so Georges Mischo in seiner Stellungnahme.

Für die Gewerkschaften kommt das überhaupt nicht in Frage. Ohne gewerkschaftliche Rückendeckung hätten Arbeitnehmer nicht die gleiche Verhandlungsmacht, erklärt OGBL-Präsidentin Nora Back. Sie befürchtet, dass Arbeitnehmer unter Druck gesetzt werden könnten einen schwachen Kollektivvertrag zu unterschreiben, der ihnen keine Vorteile über das Arbeitsrecht hinaus bringt. Eine Verschlechterung der einzelnen Kollektivverträge könnte dann auch Auswirkungen auf sektorielle Kollektivverträge wie dem in der Pflege mit sich bringe. Georges Mischos Vorschlag sei eine Idee, die Arbeitgeber schon seit einiger Zeit fordern.  Ihnen gefalle  der  Vorschlag natürlich.

“Bei der Sitzung heute Morgen erklärte der Minister, dass die Stellungnahmen der Gewerkschaften für ihn keinen Mehrwert darstellten und er ohnehin nur da sei, um sich die verschiedenen Positionen anzuhören – er würde dann allein eine Entscheidung treffen, unabhängig von den Positionen, die die verschiedenen Parteien im CPTE vertreten”, schreiben die drei Gewerkschaften OGBL, LCGB und CGFP in einer gemeinsamen Stellungnahme. In einer eigenen Pressemitteilung bekundet der Minister sein Bedauern darüber, dass die Gewerkschaften das Treffen verlassen haben.

Nora Back sieht durch das Verhalten des Ministers das Luxemburger Sozialmodell in Frage gestellt. LCGB Präsident Patrick Dury sagt sogar: “Durch die Herangehensweise des Ministers ist das Luxemburger Modell am Ende”. Er unterstreicht, dass es sich nicht um einen kleinen Streit handelt wie er bei Verhandlungen vorkommen kann. “Es ist die schlimmste Attacke auf das Luxemburger Sozialmodell die ich seit 30 Jahren erlebt habe.”In einem Brief haben  sich die Gewerkschaften nun an den Premierminister Luc Frieden (CSV) gewandt, bestätigten die Gewerkschaftspräsidenten von OGBL und  LCGB.

 

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